Erinnerungen an einen Unentbehrlichen,

der viel zu früh von uns ging, an meinen Freund und Genossen Karl-Heinz Reinhardt.

B.Brecht: “Die Schwachen kämpfen nicht. Die Stärkeren Kämpfen vielleicht eine Stunde lang. Die noch stärker sind, kämpfen Viele Jahre. Aber Die Stärksten kämpfen ihr Leben lang. Diese Sind unentbehrlich.“

Von solcher Stärke war Karl-Heinz Reinhardt.
Am Morgen des 2.12.209 waren seine Kräfte aber erschöpft, der Tod setzte einem unermüdlichen Kämpferleben für die Sache des Kommunismus ein Ende. Wenige Tage zuvor saß ich an seinem Krankenbett. Obwohl er vom nahen Tod gekennzeichnet war, konnten wir miteinander sprechen. Er gab mir ein letztes mal zu verstehen, dass er nichts bereute und vom kommenden Sieg der Sache, für die er lebte überzeugt war. Karl-Heinz hatte mit bewundernswerter Geduld ertragen. Er sagte stets „so lange wie mein Kopf noch klar ist wird mein Herz stark sein für den Kampf.“ So hat er uns allen die Erkenntnis vermittelt dass man den Wert eines Menschen vor allem daran messen kann wie er Belastungen zu meistern versteht.

Ich will sein Leben nicht heroisieren, das ist nicht unsere Art.Ich will auch nicht, dass wir ihn als fehlerfreien, strahlenden Helden in Erinnerung behalten. Das war er nicht, das wollte er nicht sein. Er hat sie durchlebt die Zeit der Niederlage in einer Konterrevolution, durch die die DDR anektiert und die Sowjetunion zerschlagen wurde und die kommunistische Bewegung am Boden lag. Er erlebte das Triumpfgeheul des Klassenfeindes und seine Kriminalisierungshetze, der er als ehemaliger Tschekist und seine Genossen besonders ausgesetzt waren. Er kannte auch die damit verbundenen Gefühle der Entmutigung und Resignation. Am meisten erschütterte ihn das so viele der vermeintlichen Mitstreiter sich als Karrieristen entpupten, zum Gegner überliefen und skrupelos dessen Handwerk versahen.Die bohrende Frage „wie konnte geschehen?“, „welche Ursachen führten zu dieser Katastrophe?“ hat ihn bis zuletzt immer wieder beschäftigt. An einem aber hat er nicht gezweifelt, daran, dass er auf der richtigen Seite gekämpft hatte. Durch die Zusammenarbeit mit solchen hervorragenden Genossen wie Kurt Gossweiler gewann er Klarheit über viele seiner Fragen. Auf dieser Basis festigte sich sein revolutionäres Selbstbewusstsein. Der Kriminalisierungshetze trat er mutig entgegen er war ein Gründungsmitglied der ISOR in Leipzig widmete sich der Betreuung der Genossen und hielt bis zuletzt Kontakt zu seinen ehemaligen sowjetischen Kampfgefährten.
Er war ein einfacher Mensch, ein Arbeitersohn, stark im Charakter, einfach und bescheiden in seinen Ansprüchen. Gerade das machte ihn geeignet in der DDR in verantwortlichen Funktionen zu wirken. Die DDR, der „Arbeiter-und Bauernstaat“ das war für ihn kein Schlagwort. Für ihn war und blieb sie die größte historische Erungenschaft der deutschen Arbeiterbewegung. Sein ganzes politisch bewusstes Leben stand er in ihrem Dienst. Als Offizier des Ministeriums für Staatssicherheit und später als leitender Funktionär für Sicherheit im Apparat seiner Partei, der SED. Auf der Suche nach seinem Platz im revolutionären Kampf in einer nichtrevlutionären Phase der Geschichte, für eine Strategie die eine, über das kapitalistische System hinausführende sozialistische Perspektive ansteuert, zog er Schlussfolgerungen für seine politische Organisiertheit. Er trat 1997 aus der PDS aus. „Das war nicht mehr meine Partei“ sagte er. 1998 wurde er Mitglied der DKP und gründete gemeinsam mit anderen Genossen am 25.2.1998 die DKP-Leipzig deren Vorsitzender er bis 2006 war. Er war ein kritisches Mitglied, suchte immer den Kontakt zu den Genossen in Berlin und Sachsen-Anhalt und zu DKP-Mitgliedern die ähnliche, kritische Positionen einnahmen. Das machte ihn nicht beliebt beim Vorstand in Essen, der den Vorschlag der Leipziger Organisation, der von allen DKP-Mitgliedern Sachsens unterstützt wurde, ihn auf dem 17. Parteitag in den Vorstand zu wählen, zu Fall brachte. Es war also voraus zu sehen, dass ihm kein Vertreter des Vorstands an seinem Grab die letzte Ehre erwieß. Er stellte sich seine Partei in manchen Fragen anders vor, wollte aber in der Partei für Veränderungen wirken.Es war darum folgerichtig, dass er zu den ersten Befürwortern der „Kommunistischen Initiative“ gehörte. Den Unvereinbarkeits-Beschluß des Parteivorstandes lehnte er ab, genauso wie er nicht verstand, dass Genossen, mit denen er zusammengearbeitet hatte und die immer von der Einheit der Kommunisten redeten, diese Initiative ohne sachliche Begründung engstirnig ablehnten und als „Spalter-Aktion“ difamierten. Mutig und entschlossen trat er neofaschistischen, braunen Ungeist in Leipzig und Antikommunismus entgegen. Auf einer Konferenz für Aktionseinheit hob er hervor in diesem Kampf brauchen wir die Jugend. Er schlug vor den 8.Mai,den Tag der Befreiung des deutschen Volkes vom Hitlerfaschismus bundesweit zum Aktionstag gegen Neofaschismus und Krieg zu erklären. Die Kraft für den Kampf gab ihm immer wieder seine Ehefrau Erika, davon habe ich mich immer wieder überzeugen können. Die feste Gemeinsamkeit und ihre Liebe zueinander wurzelten in der Lebensauffassung beider und in langer gemeisamer Arbeit. Eine starke Basis für ein sinnvolles Leben.
Wenn ich mich an die vielen Gespräche mit ihm, an seine Reden und Artikel erinnere dann kristalisiert sich ein Vermächtnis heraus in seinem Geist für folgende Ziele weiter zu wirken – die DDR, ihre historische Rolle und Leistungen standhaft und kämpferisch gegen den BRD-Geschichtsrevisionismus und Kriminalisierungs-Kampagnen zu verteidigen, eingeschlossen bei der weiteren Analyse ihrer Niederlage ihre Versäumnisse, Defiziete und zum Teil schwerwiegende Fehler einzuschließen.Das Gefasel von der „friedlichen Revolution“ hat er als historisch unhaltbar entlarvt. Er kannte deren Charakter als Konterrevolution. Er hatte sie unmittelbar erlebt und dazu einen Artikel hinterlassen den ich als Beigabe anfüge.
– in breiter Aktionseinheit auch in Zukunft den Kampf gegen alle Erscheinungen des Neofaschismus zu führen.
Die Jugend in alle Kämpfe einzubeziehen muß ein vorrangiges Ziel sein.
– Die Diskussion zur Frage des Parteienverständnisses in seinem Sinne weiterzuführen. Sein Parteienverständnis war das von einer marxistisch leninistischen Partei wie es von Lenin ausgearbeitet wurde.
Ich denke ein Mensch wie Karl-Heinz Reinhard, ein solcher Kommunist wird nicht vergessen werden sondern in unserer Erinnerung, in unseren Kämpfen weiterleben.Es ist unsere Verantwortung sein Vermächtnis weiter zu tragen und zu efüllen.

Dieter Itzerott

Quelle: offen-siv, Heft 1/2010 http://www.offen-siv.com/

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