Jugendarbeitslosigkeit 2012

Weltjugend ohne Zukunft im Kapitalismus –

Zeit zum Handeln!

[Ein modifizierter Auszug]

Jugendbeschäftigung – Eine Krise in nie dagewesenem Ausmaß

In den von der globalen Finanzkrise besonders hart getroffenen Ländern hat die Jugendarbeitslosigkeit ein erschreckendes Ausmaß angenommen. Wenn vier von zehn Jugendlichen keine Beschäftigung haben, kommt dies einer sozialen und wirtschaftlichen Katastrophe gleich. Die globale Finanzkrise hat die schon bestehende „Krise vor der Krise“ weiter verschärft. Überall auf der Welt wird es für junge Frauen und Männer zunehmend schwieriger, eine menschenwürdige Arbeit zu finden. In den letzten zwanzig Jahren war die Jugendarbeitslosigkeit im Durchschnitt dreimal so hoch wie die Arbeitslosigkeit Erwachsener, in einigen Regionen ist sie heute bis zu fünfmal höher.

Heute ist nahezu jeder fünfte Mensch zwischen 15 und 24 Jahren alt. Insgesamt gibt es über 1,2 Milliarden Jugendliche auf der Welt. Die Mehrzahl dieser jungen Menschen – rund 90 Prozent – lebt in Entwicklungsländern, 60 Prozent davon in Asien und 17 Prozent in Afrika. Die gegenwärtige Jugendbevölkerung in den Entwicklungsländern zählt rund eine Milliarde und ist damit die größte, die es je auf der Welt gab. Sie wird bis 2060 die Höchstzahl von 1,1 Milliarden erreichen.

Die Krise der Jugendbeschäftigung ist ein wesentlicher Aspekt der globalen Beschäftigungskrise. Dass sie so gravierend ist, hängt nicht nur mit Ausmaß und Dauer der Arbeitslosigkeit zusammen, sondern zunehmend auch mit der Qualität der für Jugendliche verfügbaren Arbeitsplätze, die nachweislich rückläufig ist. Die Jugendbeschäftigungskrise in allen ihren Erscheinungsformen könnte nicht nur eine vorübergehende Entwicklung sein, sondern könnte sich in einen strukturellen Trend verwandeln, sofern keine bedeutenden Veränderungen der Politik vorgenommen werden. Darum erreicht das Problem eine neue kritische Dimension.

Abnehmende Erwerbsbeteiligung

Sowohl die Erwerbsbeteiligung Jugendlicher als auch das Verhältnis der Jugendbeschäftigung zur Gesamtbevölkerung gehen seit längerem zurück. Die Erwerbsquote der Jugendlichen sank weltweit zwischen 2000 und 2011 von 52,9 auf 48,7 Prozent. Das bedeutet, dass 2011 weniger als die Hälfte aller jungen Menschen auf der Welt aktiv am Arbeitsmarkt teilnahm. 2011 erreichte die Zahl der abhängig beschäftigten jungen Menschen 516 Millionen, ein Anstieg um 16 Millionen seit 2000. Weil jedoch die Jugendbevölkerung schneller zunahm als die Jugendbeschäftigung, ging der Anteil der abhängig beschäftigten Jugendlichen an der gesamten Jugendbevölkerung (das Verhältnis Beschäftigung zu Bevölkerung) zwischen 2000 und 2011 von 46,2 auf 42,6 Prozent zurück.

Jugendarbeitslosigkeit erreicht nie dagewesene Ausmaße

2011 waren vier von zehn Arbeitslosen junge Frauen oder Männer. Weltweit waren Jugendliche dreimal häufiger arbeitslos als Erwachsene, in Südasien und Südostasien fünfmal häufiger.

Jugendarbeitslosigkeit ist an sich kein neues Phänomen. Neu sind jedoch die erschreckenden Ausmaße, die sie inzwischen angenommen hat. Seit den 1990er Jahren – während der „Krise vor der Krise“ – blieb die Jugendarbeitslosenquote konstant bei über 11 Prozent. Die globale Finanzkrise verstärkte die Jugendarbeitslosigkeit erheblich.

Als die Krise 2009 auf dem Höhepunkt war, wurde die höchste jährliche Wachstumsrate der globalen Jugendarbeitslosigkeit verzeichnet. Im Verlauf eines Jahres (200809) stieg sie von 11,9 auf 12,8 Prozent, die größte jährliche Zunahme in den 20 Jahren, für die globale Schätzungen zur Verfügung stehen. Damit kehrte sich der vor der Krise zu beobachtende Trend eines langsamen, aber stetigen Rückgangs der Jugendarbeitslosigkeit um.

Es hat sich immer wieder gezeigt, dass die Arbeitslosenquoten der Jugendlichen empfindlicher auf ökonomische Schocks reagieren als die Quoten der Erwachsenen. Die globale Jugendarbeitslosenquote stieg im Zeitraum 2008-10 um 0,9 Prozentpunkte, verglichen mit einem Anstieg der Erwachsenenquote um 0,5 Punkte.

2010 betrug die Arbeitslosenquote weiblicher Jugendlicher 13,1 Prozent, während die männliche Quote bei 12,6 Prozent lag (ein Unterschied von 0,5 Prozentpunkten – dasselbe Geschlechtergefälle, das schon 2008 gemessen wurde).

Der jeweilige Zeitpunkt und die Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf die Jugendbeschäftigung waren in den einzelnen Regionen unterschiedlich. Die stärksten Auswirkungen auf die entwickelten Volkswirtschaften und die EU, auf Ostasien und den Nahen Osten wurden 2007-08 beobachtet, während in den anderen Regionen die krisenspezifischen Auswirkungen auf die Jugendarbeitslosigkeit vor allem im Zeitraum 2008-09 auftraten. In der Region Südostasien und Pazifik ging die Jugendarbeitslosigkeit während der Krisenjahre sogar zurück.

In den Industrieländern wurden Jugendliche von der globalen Krise am härtesten getroffen

Die Jugendarbeitslosigkeit stieg im Zeitraum 2008-09 in den entwickelten kapitalistischen Volkswirtschaften und der EU um 4,1 Prozentpunkte, in Mittel- und Südosteuropa ( Nicht-EU) und der GUS um 3,4 Prozentpunkte. Dies sind die höchsten jährlichen Zuwachsraten, die je in einer Region registriert wurden. Die Jugendarbeitslosenquote von 18,1 Prozent, die 2010 in den entwickelten kapitalistischen Volkswirtschaften und der EU verzeichnet wurde, ist die höchste in der Region seit 1991, als die ersten regionalen Schätzungen vorgelegt wurden.

In Spanien und Griechenland verdoppelte sich die Jugendarbeitslosigkeit zwischen 2007 und 2011, ihre Quote beträgt heute 46 bzw. 42 Prozent. Im gleichen Zeitraum stieg sie in Irland von 8,5 auf 31,9 Prozent. In Portugal und Italien beträgt die Jugendarbeitslosigkeit gegenwärtig über 25 Prozent, in Estland, Frankreich, Polen, Rumänien, Schweden, Ungarn, dem Vereinigten Königreich und Zypern sind es über 20 Prozent.

In einigen Industrieländern wie Belgien, Deutschland, Luxemburg und Österreich ging die Jugendarbeitslosigkeit trotz der Krise zurück. Unter den wenigen Entwicklungsländern, für die Daten zur Verfügung stehen, erreichte Brasilien zwischen 2007 und 2011 eine Verringerung der Jugendarbeitslosigkeit von 21,8 auf 15,2 Prozent.

Trotz dieser Ausnahmen ist das Gesamtbild äußerst beunruhigend. Von 48 Ländern wiesen 33 Jugendarbeitslosenquoten von über 15 Prozent auf, während nur in neun Ländern die Quote unter 10 Prozent lag. Besonders auffällig ist, dass in 22 von 48 Ländern die Quote mehr als 25 Prozent betrug.

Jugend und Armut trotz Erwerbstätigkeit

Es muss betont werden, dass die Jugendarbeitslosigkeit nur die Spitze des Eisbergs darstellt und dass die Unsicherheit und Benachteiligung vieler weiterer junger Menschen, die irgendeine Form von Arbeit haben, ein fester Bestandteil der kapitalistischen Jugendbeschäftigungskrise ist.

Junge Menschen sind überproportional von dem Defizit an menschenwürdiger Arbeit und von Arbeitsplätzen geringerer Qualität betroffen, was sich in Armut trotz Erwerbstätigkeit, niedriger Bezahlung und einem geringen Beschäftigungsstatus ausdrückt, einschließlich verbreiteter Informalität. In den Entwicklungsländern, in denen 90 Prozent aller jungen Menschen leben, kann die große Mehrheit dieser Jugendlichen nicht überleben, ohne zu arbeiten. In diesen Ländern sind junge Erwerbstätige besonders von Unterbeschäftigung und Armut bedroht. Es gibt Anzeichen dafür, dass Jugendliche häufiger zu den erwerbstätigen Armen gehören als Erwachsene. Die neuesten IAA-Schätzungen zur Armut unter Erwerbstätigen zeigen, dass junge Menschen einen unverhältnismäßig hohen Anteil der erwerbstätigen Armen der Welt ausmachen. In den 52 Ländern, für die Daten zur Verfügung stehen, betrug der Anteil Jugendlicher an der Gesamtzahl der erwerbstätigen Armen 23,5 Prozent, ihr Anteil an den nicht-armen Erwerbstätigen dagegen nur 18,6 Prozent. Die hohe Erwerbsbeteiligung junger erwerbstätiger Armer, die überwiegend im landwirtschaftlichen Sektor tätig sind, spiegeln den Verlust von Chancen für viele dieser jungen Menschen wider, die sonst eine Schule besuchen, Qualifikationen und eine Ausbildung erwerben und so in der Zukunft ihre Produktivität und ihren Verdienst verbessern könnten. Viele der jungen erwerbstätigen Armen haben nicht einmal eine Grundschulbildung.

Jugendliche im Niedriglohnsektor

Bei der Verrichtung von Arbeiten, für die weniger als zwei Drittel des Medianlohns gezahlt werden, sind Jugendliche überproportional vertreten. 2009 bezogen in Brasilien 30,5 Prozent der 15- bis 24-jährigen LohnarbeiterInnen (bzw. Erwerbstätige) Niedriglöhne, während es bei den 25- bis 49-Jährigen 18,5 Prozent waren. Ähnliches gilt für die Philippinen (2008) und Südafrika (2007) mit 28,8 bzw. 41,2 Prozent junger Erwerbstätiger im Niedriglohnsektor, während für die Gesamtheit der Erwerbsstätigen die entsprechenden Anteile 14,6 und 32,5 Prozent betrugen.

Lohndaten aus ausgewählten EU-Ländern und den Vereinigten Staaten zeigten, dass die Wahrscheinlichkeit einer Niedriglohnbeschäftigung für junge Frauen und Männer 2,5- bis 5,8-mal höher ist als im nationalen Gesamtdurchschnitt. In allen untersuchten Ländern bis auf eines waren über 50 Prozent der Niedriglohnbezieher junge Erwerbstätige.

Der übermäßig hohe Anteil junger Erwerbstätiger an Niedriglohntätigkeiten wird bestätigt durch Daten über Erwerbstätige, die lediglich den Mindestlohn erhalten. In den Vereinigten Staaten z. B. machten junge Erwerbstätige nur 20 Prozent aller nach Stunden bezahlten Erwerbstätigen aus, jedoch fast die Hälfte all derjenigen, die den Mindestlohn oder weniger erhielten. In Lateinamerika liegt der Anteil der 16- bis 19-jährigen Erwerbstätigen, die den Mindestlohn erhalten, häufig 1,5- bis 2-mal höher als ihr Anteil an der Gesamterwerbsbevölkerung.

Jugend in der informellen kapitalistischen Wirtschaft

Wo nach Alter aufgeschlüsselte Daten zur Informalität vorliegen, bestätigt sich, dass junge Erwerbstätige im Vergleich zu ihren erwachsenen Kollegen wesentlich häufiger im informellen Sektor tätig sind. Auffällig ist der hohe Anteil junger Arbeitnehmer in der informellen Wirtschaft in Argentinien, der fast doppelt so hoch ist wie der Anteil Erwachsener. Aber auch in Äthiopien, Brasilien, Mexiko und der Türkei befindet sich ein erheblicher Teil der jungen Erwerbstätigen im informellen Sektor.

2009 war die informelle Beschäftigung junger Menschen zwischen 15 und 19 Jahren in Chile, Ecuador, Kolumbien, Mexiko, Panama und Peru um über 30 Prozentpunkte höher als bei Erwachsenen. In diesen Ländern erreichte die durchschnittliche Informalitätsrate für die Jugendkohorte 82,4 Prozent, verglichen mit 50,2 Prozent für erwachsene Erwerbstätige.

Neuere Studien über Informalität in Lateinamerika und der Karibik liefern eine interessante Analyse der informellen Beschäftigung in Abhängigkeit von verschiedenen Variablen, einschließlich des Alters. Diese Studien bestätigen eine negative Korrelation zwischen der Wahrscheinlichkeit einer Beschäftigung in der informellen Wirtschaft und dem Alter – je jünger ein Erwerbstätiger ist, desto wahrscheinlicher ist seine informelle Beschäftigung.

Junge Menschen arbeiten nur deshalb in der informellen Wirtschaft, weil der moderne Sektor und das formelle Segment der Wirtschaft nicht in der Lage sind, ausreichende formelle Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen. Ein ungünstiger soziökonomischer Hintergrund und fehlende Sicherheitsnetze zwingen viele Jugendliche dazu, zu arbeiten und ihren Lebensunterhalt in der informellen Wirtschaft zu verdienen. Die Finanzkrise hat auch dazu geführt, dass in den Entwicklungsländern immer mehr Menschen in der „zunehmend überfüllten“ informellen Wirtschaft beschäftigt werden.

In Europa beträgt der Anteil der Jugendlichen in der informellen Wirtschaft rund 17 Prozent, der Anteil der Erwerbstätigen im Erwachsenenalter (25 bis 54 Jahre) dagegen nur 7 Prozent 13. Eine neuere Analyse in Bezug auf Jugendliche in ausgewählten Ländern Osteuropas, für die Zahlenschätzungen vorliegen, zeigte, dass ein Drittel aller erwerbstätigen Jugendlichen in der informellen Wirtschaft beschäftigt war.

In vielen Ländern des afrikanischen Kontinents stellt die informelle Wirtschaft die meisten Arbeitsplätze für Jugendliche bereit. So haben beispielsweise in der Demokratischen Republik Kongo 96,2 Prozent der jungen Erwerbstätigen eine informelle Beschäftigung, in Kamerun sind es 88,6 Prozent. In Sambia sind sogar 99 Prozent der unter 20-Jährigen, die einer Arbeit nachgehen, in der informellen Wirtschaft beschäftigt.

Arbeitsplätze von geringerer Qualität für Jugendliche

Die Verschlechterung der Qualität der für junge Werktätige verfügbaren Arbeitsplätze zeigt sich auch an der schrittweisen Ausweitung der Zeitarbeit und den kürzeren Laufzeiten befristeter Verträge. Die Frage bleibt, ob solche Arbeitsplätze ein Sprungbrett zu einer Festanstellung sind oder aber eine Falle, in der junge Erwerbstätige zwischen befristeten Beschäftigungsverhältnissen und Perioden der Arbeitslosigkeit gefangen bleiben. So hatte in einigen EU-Ländern eine erhebliche Zahl junger Erwerbstätiger fünf Jahre nach Schulabgang immer noch eine befristete Beschäftigung.

Die Schwierigkeiten, denen sich junge Menschen beim Übergang von der Schule ins Arbeitsleben gegenüber sehen, lassen sich häufig an folgenden Indikatoren ablesen: Veränderungen der Jugendarbeitslosenquote über einen längeren Zeitraum, Verhältnis zwischen den Arbeitslosenquoten Jugendlicher und Erwachsener, Inzidenz der Langzeitarbeitslosigkeit

unter Jugendlichen, Anteil der Jugendlichen, die keine Schule besuchen, keiner Arbeit nachgehen und sich nicht in beruflicher Fortbildung befinden, die Zeitspanne, bis sie ihren ersten Arbeitsplatz finden, sowie die Zeitspanne bis zum Übergang auf einen „regulären“ Arbeitsplatz nach dem Schulabgang oder einer Ersteinstellung.

Jüngste Untersuchungen des Übergangs von der Schule in die Arbeitswelt scheinen zu bestätigen, dass die Schwierigkeiten größer werden und dass sich alle oben genannten Indikatoren gleichzeitig verschlechtert haben.

Es ist bekannt, dass es beim Übergang von der Schule ins Erwerbsleben zu zeitweiliger Arbeitslosigkeit kommen kann, während die Jugendlichen auf Arbeitssuche sind. In dieser Lebensphase müssen sich die Motivation für Arbeit und die damit angestrebten Ziele erst noch konkretisieren. Eine Zeit des Experimentierens mit unterschiedlichen Arbeitsplätzen und Arbeitsmarktsituationen ist durchaus üblich. Junge Menschen können sich dies häufig leisten, weil sie geringere finanzielle Verpflichtungen haben und auf die Unterstützung ihrer Eltern zählen können. Je nach ihren Einkommensreserven nehmen sie verschiedene Arbeitsangebote an, in der Hoffnung, in naher Zukunft einen „besseren“ Arbeitsplatz zu erhalten.

Es gibt noch weitere Faktoren, die es Jugendlichen erschweren, einen Arbeitsplatz zu finden. Beispielsweise sind sie bei der Arbeitsplatzsuche weniger effizient als Erwachsene, die sich damit auskennen. Auch zögern manche Firmen, junge Menschen einzustellen, die keine Berufserfahrung haben. Daher geraten Jugendliche häufig in die „Erfahrungsfalle“, in der sie bei ihren Bewerbungen keine Berufserfahrung vorweisen können, einfach deshalb, weil es ihnen nicht gelang, einen ersten Arbeitsplatz zu erhalten.

Ein weiterer Faktor, der zu hoher Arbeitslosigkeit unter jungen Menschen beiträgt, ist die Tatsache, dass selbst diejenigen, die einen Arbeitsplatz gefunden haben, häufiger entlassen werden als erwachsene Erwerbstätige, wenn Personal abgebaut wird. Sie sind weniger wertvoll im Verwertungsprozess ihrer Arbeitskraft, weil sie weniger Zeit hatten, firmenspezifisches Humankapital zu erwerben. Wenn sie entlassen werden, fallen geringere Kosten an, weil Abfindungen häufig nach Erfahrung gestaffelt sind und weil Jüngere in vielen Fällen weniger abgesicherte Arbeitsverträge haben. Die Finanzkrise hat für Jugendliche das Muster verstärkt, wonach diejenigen, die zuletzt eingestellt wurden, zuerst entlassen werden.

In den meisten Ländern ist die Häufigkeit des Wechsels zwischen Beschäftigung und Arbeitslosigkeit bei Jugendlichen höher als bei Erwachsenen.

Während die genannten Faktoren teilweise erklären, warum die Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen in der Regel höher ist als unter Erwachsenen, beträgt in neuester Zeit der Abstand bei den Arbeitslosenquoten das Drei- bis Fünffache, liegt also eindeutig höher als die typische temporäre Arbeitslosigkeit, die bislang vorherrschte.

Es gibt keine international anerkannte Dauer der durchschnittlichen Übergangsperiode, aber einer in Ägypten durchgeführten Erhebung ist zu entnehmen, dass dieser Zeitraum zunehmend länger wird und dass das Endergebnis weniger gesichert ist. In Indonesien verlängerte sich die durchschnittliche Dauer der Arbeitssuche erwerbsloser Jugendlicher zwischen 2001 und 2009 von 6,9 auf 14,7 Monate. Im gleichen Zeitraum stieg der Anteil der Langzeitarbeitslosen an der Jugendarbeitslosigkeit insgesamt von 41,6 auf 62,1 Prozent.

In den 34 OECD-Ländern war im Durchschnitt zwischen 2000 und 2010 bei zahlreichen Indikatoren eine tendenzielle Verschlechterung zu erkennen. Sowohl die Jugendarbeitslosenquote als auch die Häufigkeit von Langzeitarbeitslosigkeit, Zeitarbeit und Teilzeitarbeit stiegen an. Der einzige Indikator, der in den zehn Jahren eine geringfügige Verbesserung zeigte, war der leicht rückläufige Anteil der Jugendlichen, die sich nicht in einer Schulbildung, Beschäftigung oder Berufsausbildung befinden. Jedoch stellte die OECD fest, dass der Anteil dieser Gruppe, der 2008 auf 10,8 Prozent gesunken war, im zweiten Quartal 2010 wieder auf 12,5 Prozent angestiegen war.

Trends der kapitalistischen Jugendbeschäftigungskrise: die zunehmende Demotivation von Jugendlichen und der Anstieg der Arbeitslosigkeit unter Hochschulabsolventen.

Der Begriff Demotivation bezieht sich auf Jugendliche, die weder eine Schule besuchen noch einer Arbeit nachgehen. Er trägt dazu bei, die tieferen Ursachen und die Folgen einer Abkopplung vom Arbeitsmarkt und von der Gesellschaft zu beschreiben. In vielen Ländern gibt es Anzeichen für eine wachsende Demotivation junger Menschen, die angesichts steigender Arbeitslosigkeit die Suche nach einem Arbeitsplatz ganz aufgegeben haben.

Weltweit waren 2011 insgesamt fast 6,4 Millionen weniger Jugendliche erwerbstätig als aufgrund der langfristigen historischen Trends (vor der Krise) zu erwarten gewesen wäre, ein Hinweis auf den starken Anstieg der Demotivation unter Jugendlichen während der globalen Finanzkrise.

In der Europäischen Union gibt es insgesamt 7,5 Millionen 15- bis 25-Jährige, die weder eine Schule besuchen noch einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz haben. Dies entspricht für die gesamte EU einem Anstieg von 10,8 auf 12,8 Prozent im Zeitraum 2008 bis 2010. Einer Schätzung zufolge beliefen sich die Kosten der langfristigen Arbeitslosigkeit oder Inaktivität junger Menschen in 21 Mitgliedstaaten, für die Daten zur Verfügung standen, auf das Äquivalent von 1,1 Prozent des BIP.

In Irland erreichte die Jugendarbeitslosigkeit 2010 die alarmierende Quote von 27,5 Prozent, ein gewaltiger Sprung im Vergleich zu den 8,5 Prozent im Jahr 2007.

Aber selbst diese schockierende Zunahme zeigt noch nicht die wahren Ausmaße des Problems:

Die Erwerbsbeteiligung Jugendlicher ging in Irland während der Krise drastisch zurück, sodass zwischen der Zahl der derzeit erwerbstätigen Jugendlichen und der Zahl, die aufgrund der Vorkrisentrends zu erwarten wäre, eine massive Lücke klafft. Dies bedeutet, dass junge Menschen entweder im Bildungssystem verharren, anstatt sich einer Arbeitsplatzsuche auszusetzen, oder dass sie untätig zu Hause sitzen, um bessere Aussichten abzuwarten, bevor sie sich aktiv um einen Arbeitsplatz bemühen. Wenn diese Jugendlichen stattdessen eine Arbeit suchen würden, dann läge die Jugendarbeitslosenquote noch um 19,3 Prozentpunkte höher. In Spanien beträgt diese Lücke zusätzliche 9,9 Prozentpunkte, in der Republik Korea 3,6 Prozentpunkte. In Hongkong, China, und in Österreich könnte die Quote arbeitsloser Jugendlicher das Doppelte der offiziellen Quote betragen, wenn diese zusätzlichen inaktiven Jugendlichen in den Arbeitsmarkt eintreten würden. In der EU waren es 2011 ein Sechstel aller Jugendlichen, die weder eine Schul- oder Berufsausbildung absolvierten noch einen Arbeitsplatz hatten.

In Indonesien stieg der Anteil der der 15- bis-24-Jährigen, die keine Schule besuchen, keiner Arbeit nachgehen und sich nicht in beruflicher Fortbildung befinden, der 1996 bei 27,1 Prozent lag, 2005 auf den Höchstwert von 31,9 Prozent und fiel im August 2009 auf 27,6 Prozent zurück. Seither ist dieser Anteil über einen Zeitraum von etwas mehr als einem Jahrzehnt wieder gestiegen und liegt trotz jüngster Verbesserungen heute immer noch höher als 1996. In Brasilien und in der Vereinigten Republik Tansania ging die NEET-Rate im untersuchten Zeitraum tendenziell zurück: von 21,1 Prozent im Jahr 1992 auf 18,8 Prozent im Jahr 2007 (Brasilien), und von 17,6 Prozent im Zeitraum 2000-01 auf 13,4 Prozent im Jahr 2006 (Vereinigte Republik

Tansania).

Nicht immer stehen ausführliche Informationen über die Gründe für eine Abkopplung vom Arbeitsmarkt zur Verfügung. Die betroffenen Jugendlichen bilden keine homogene Gruppe. Zum einen gehören diejenigen dazu, die die Arbeitssuche aufgegeben haben, weil es während der durch die globale Finanzkrise verursachten Rezession nur geringe Aussichten für sie gibt, eine Beschäftigung zu finden. Andere, z. B. viele Hochschulabsolventen, sind der Auffassung, die verfügbaren Arbeitsplätze seien von geringer Qualität und entsprächen nicht ihren Qualifikationen und Ambitionen. Überwiegend handelt es sich bei den Betroffenen jedoch um Schulabbrecher und um junge Menschen aus armen und dysfunktionalen Familien, deren nsozioökonomischer Hintergrund ihre Beschäftigungs- und Integrationschancen mindert, sowie um Jugendliche, die schon früh mit Banden und Drogen in Kontakt waren. –

Die Auswirkungen einer solchen „Abkoppelung“ oder „Entfremdung“ sind schwerwiegend genug, um besondere Aufmerksamkeit für diese Gruppe zu rechtfertigen.

Die Arbeitslosigkeit gut ausgebildeter Jugendlicher, insbesondere Absolventen tertiärer Bildungsinstitutionen, ist ein weiterer problematischer Trend, der sich in verschiedenen Ländern und Regionen abzeichnet. Er gibt Anlass zur Sorge, denn im Grunde handelt es sich um ein perverses Ergebnis, das der bisherigen durch Beweise untermauerten Annahme widerspricht, Hochschulbildung und -ausbildung würde die Produktivität und Beschäftigungsfähigkeit junger Menschen verbessern.

Die Gründe, die für die Arbeitslosigkeit Hochqualifizierter angeführt werden, sind vielfältig: Liegt es an der Verschlechterung der Qualität der Hochschulausbildung und der erworbenen Abschlüsse? Oder geht es um eine Diskrepanz zwischen vorhandenen und geforderten Qualifikationen und die fehlende (wert- und mehrwertschöpfende) Vermarktbarkeit der erworbenen Fertigkeiten? Oder liegt es, wie die meisten glauben, an den Wachstumsmustern, die nicht die Art qualitativ hochwertiger Arbeitsplätze hervorbringen, die entweder mit den erworbenen hohen Qualifikationen oder mit den Ambitionen der Jugendlichen übereinstimmen? Was auch die Gründe sein mögen, auf jeden Fall sind die politischen Frustrationen und die Verbitterung immens, wie sich während der Aufstände des „Arabischen Frühlings“ gezeigt hat. –

Solche Frustrationen sind auch die Ursache für die Auswanderung hochqualifizierter junger Menschen aus kapitalistischen Entwicklungs- und Schwellenländern.

[Ein modifizierter Auszug.]

Quelle: Internationale Arbeitskonferenz, 101. Tagung, 2012:

»Jugendbeschäftigung in der Krise: Zeit zum Handeln«,

Internationales Arbeitsamt, Genf, Schweiz

05.09.2012, Reinhold Schramm (Bereitstellung)

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