Standpunkt der Kommunistischen Partei Deutschlands zu den Wahlen zum Europaparlament 2009

NEIN zur Europäischen Union und ihren Organen!

Die Kommunistische Partei Deutschlands bekräftigt anläßlich der Wahlen zum Europaparlament am 7. Juni 2009 erneut ihren bisherigen Standpunkt, der EU mit ihren gebildeten Organen als Zentrum der größten multinationalen Konzerne ihren Lobbyisten und Regierungsvertretern jegliche Legimität für die Völker Europas abzusprechen.

Die EU ist ein imperialistisches Machtzentrum das sich neben den USA aktiv an der Neuaufteilung der Welt mittels wirtschaftlicher, politischer Expansion und militärischem Eingreifen beteiligt.

Der Lissabonvertrag als Neuauflage der gescheiterten EU-Verfassung ist ein Dokument für Kriegsabenteurer und militärischer Aufrüstung, für weiteren Abbau von verbliebenen Demokratie- und Sozialrechten. Wichtige Souveränitätsrechte der Länder der EU gehen an die EU-Organe über. Die Friedenspflicht, das Verbot von Angriffskriegen und das Gewaltverbot laut Grundgesetz der BRD in Übereinstimmung mit der UN-Charta, das ohnehin rechtswidrig gebrochen wurde, sind nun auch als Rechtsvorschrift im Lissabonvertrag nicht mehr zu finden.

Im Gegenteil, die Verpflichtung zur militärischen Aufrüstung, zur neoliberalen Marktwirtschaft, also zum kapitalistischen System, zur Privatisierung von Produktionsmitteln und dem militärischen Eingreifen bei „Notwendigkeit“ zur Beherrschung von Energie- und Rohstoffressourcen sind festgeschrieben.

Aus Angst vor einer Ablehnung des Lissabonvertrages durch die Völker, der ja eine Neuauflage der gescheiterten EU-Verfassung ist, werden die Menschen in fast allen EU-Mitgliedsländern nicht befragt. Die Regierung der BRD, der Bundestag sowie der Bundesrat setzten sich über die ablehnende Haltung der Mehrheit der Bevölkerung der BRD hinweg und stimmten für das Vertragswerk. Das in Irland vorgenommene Referendum zeigte die eindeutige Ablehnung des Volkes.

Jegliche Stimme für die EU wird als Unterstützung des Vertragswerkes und zum weiteren Ausbau der Machtstrukturen, die vor allem der Durchsetzung der Weltherrschaftspläne unter maßgeblicher Führungsbeteiligung des deutschen Imperialismus dienen, gewertet.

Darum: NEIN zur EU!

Die Machtstrukturen der EU

  • reduzieren bei uns nicht das Millionenheer der Arbeitslosen, sondern im Gegenteil, wo Profitmaximierung im Vordergrund steht, wandert das Kapital/die Investitionen dorthin, wo durch billige Arbeitskräfte am meisten Profit erzielt wird;
  • reduzieren nicht die Anzahl der acht Millionen Empfänger von Hartz-V-Leistungen, deren Einkünfte für ein menschenwürdiges Leben nicht reichen, sondern stützen durch Mehrbelastungen breiter Schichten der Bevölkerung infolge militärischer Aufrüstung und Auslandseinsätze der Bundeswehr immer weitere Menschen in die Armut, darunter zum Beispiel über drei Millionen Kinder in Deutschland;
  • beseitigen nicht die Verschuldung von über vier Millionen Haushalten.

Nur durch den Kampf gegen die EU, angefangen im eigenen Land, gegen die Ausbeutungs- und Unterdrückungspolitik des Finanzkapitals und ihrer Vollstrecker in der Regierung sind die Angriffe auf die Werktätigen zurückzudrängen und eine antiimperialistische Alternative für ein friedliebendes, dem Humanismus verpflichtetes Europa nach zwei Weltkriegen – ein sozialistisches Europa – zu erkämpfen. Dazu sind die gegenwärtigen Macht- und Eigentumsverhältnisse in den einzelnen Ländern Europas durch eine breite antifaschistisch/imperialistische Volksbewegung unter Führung der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei zu überwinden und ein sozialistisches Europa von unten nach oben aufzubauen. Nur dann sind Frieden und soziale Sicherheit in Europa zu gewährleisten.

Die Wahlen zum EU-Parlament sind Gelegenheit, unser NEIN als KPD zur EU und zu den die EU unterstützenden Parteien der BRD zu bekräftigen. CDU/CSU, SPD, FDP und Grüne werben für Wählerstimmen, um ihre bisherige Kriegspolitik, die militärische Aufrüstung, Kriegseinsätze sowie ihre Expansion zur besseren Kapitalverwertung durch ihre Dominanz zur Profitmaximierung, begleitet von zunehmendem Abbau demokratischer und sozialer Rechte, verstärkt fortzusetzen. Die Partei DIE LINKE stellt die Konstruktion der EU nicht grundsätzlich in Frage, sondern wirbt für Reformen, die die EU „demokratischer, sozialer und friedfertiger machen soll“. Aber jeder Ansatz aus diesem Instrument der Herrschenden zur Durchsetzung der Kapitalinteressen eine Union im Dienste der Völker zu formen, ist illusorisch und lenkt vom eigentlichen Kampf gegen die Herrschaft des Finanzkapitals und ihre Vollstrecker ab. Wir bekräftigen deshalb Lenins Feststellung: „Die Vereinigten Staaten von Europa unter kapitalistischen Verhältnissen sind entweder unmöglich oder reaktionär.“

Wir Kommunisten halten eine inhaltliche Umformung der EU durch Mitarbeit nicht für möglich, weil sie ein imperialistisches Konstrukt ist, das keine anderen Gesetze als das des Monopolprofits zuläßt. Alle Parteien, die die EU unterstützen und fördern, sollten bei den Wahlen durch NEIN-Stimmen abgestraft werden. Das trifft aber auch auf neofaschistische Parteien und Organisationen zu. Unsere Ablehnung der EU hat nichts mit rechtsextremen und nationalistischen Positionen gemein. Denn zur Militarisierung, Aufrüstung, Demokratie, Privatisierung und Entmachtung des Finanzkapitals, der Konzerne, Banken und Versicherungen gibt es entgegengesetzte Positionen.

Die EU hat nichts mit dem Zusammenwachsen der Völker zu tun, schon gar nicht mit Demokratie, Freiheit und Menschenrechten. Gern wird die Reisefreiheit in den Vordergrund gestellt. Was nutzt diese aber den Menschen, wenn sie kein Geld haben, zu reisen, ja sogar bei Hartz-IV-Empfängern die Ortsgebundenheit verordnet wird?

In erster Linie geht es beim Ausbau der EU um einen Platz unter den Großmächten, bei den sie nicht hinter die USA zurückstecken möchte. Zu diesem Zweck müssen die Akkumulationsbedürfnisse des europäischen Monopolkapitals bedient und eine Profitmaximierung gesichert werden. Wo aber Profite der Konzerne, Banken und Versicherungen steigen, wird auf der anderen Seite die soziale Unsicherheit der Werktätigen zunehmen, stehen Massenentlassungen, Standortschließungen, Privatisierungen, gesteigerte Arbeitsintensität bei sinkenden Löhnen bevor.

Die EU bedeutet Sozialabbau!

Die in schweren Kämpfen erreichten sozialen Errungenschaften der Arbeiterklasse sollen weiter abgebaut werden.

Dem gegenüber kämpft die KPD für

  • die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes von 1.500 Euro brutto;
  • die 35-Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich;
  • gleichen Lohn für gleiche Arbeit/Angleichung der Löhne in den neuen Bundesländern an die in den alten Bundesländern;
  • das Verbot von Ein-Euro-Jobs und Leiharbeit, weg mit Hartz IV!;
  • die Senkung des Rentenentritts und Herstellung der Rentengerechtigkeit Ost/West sowie die Aufhebung von Strafrenten;
  • den Stopp von Privatisierungen und die Rekommunalisierung öffentlichen Eigentums;
  • den Ausbau eines an den Bedürfnissen der Bürger ausgerichteten öffentlichen Dienstes.

Die EU bedeutet Bildungsabbau!

Die EU setzt sich zum Ziel, das Bildungswesen den Konzerninteressen anzupassen. Das bedeutet in erster Linie Privatisierung. Hochschul-, Schul- und Ausbildungsabschlüsse sollen europaweit angeglichen werden – auf niedrigem Niveau für die sogenannte Elite.

Dem gegenüber kämpft die KPD für

  • kostenfreie Bildung für alle Kinder bis zur Hochschule;
  • die Abschaffung des dreigliedrigen Schulsystems, für eine Schule für alle;
  • einen freien Hochschulzugang ohne Studiengebühren;
  • eine Forschung und Lehre unabhängig von Kapitalinteressen;
  • ein Ausbildungsgesetz, das allen Jugendlichen ein Recht auf Ausbildung garantiert.

Die EU bedeutet Demokratieabbau!

Der Generalangriff auf die Rechte der Mehrheit der Menschen wird von dem Ausbau totalitärer Sicherheitssysteme begleitet. Überwachung und Repression sollen jeden Widerstand im Keim ersticken. Zur Legitimierung der Aushebelung von demokratischen Grundrechten wird die Gefahr des „islamischen Terrors“ oder anderer terroristischer Gefahren heraufbeschworen. Neofaschisten werden nicht bekämpft, sondern gegen linke Bewegungen genutzt und als Reserve gehalten. Auf der EU-Agenda stehen unter anderem die grenzüberschreitende Polizeiarbeit (Europol), der Datenabgleich von DNA-Analysen sowie Fingerabdrücken zwischen den Mitgliedsstaaten und ein europäisches Fahndungssystem. Die Unterdrückungs- und Überwachungspolitik der EU wendet sich gegen alle Organisationen, die sich gegen Ausbeutung, Unterdrückung und Vorbereitung neuer Kriege wenden und für die der Kapitalismus nicht das Ende der Geschichte ist. Der deutsche Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist stets Antreiber bei der Perfektionierung der repressiven EU-Sicherheitspolitik.

Demgegenüber kämpft die KPD für

  • das Recht auf politischen Streik bis zum Generalstreik;
  • die Erhöhung der Rechte der Gewerkschaften und Betriebsräte auf die Unternehmensführung;
  • das Verbot von Schnüffeleien und online-Durchsuchungen;
  • den Stopp der Angriffe auf das Versammlungsrecht;
  • die Abschaffung der Paragraphen 129a und b laut Strafgesetzbuch (Vorwurf der Bildung einer terroristischen Vereinigung);
  • die Beseitigung der Diskriminierung ehemaliger Staatsträger der DDR;
  • die Aufhebung des KPD-Verbots von 1956 und Rehabilitierung und Entschädigung aller politisch Verfolgten in der damaligen BRD, für die Legalität aller kommunistischen Parteien und Organisationen;
  • das Verbot des Bundeswehreinsatzes im Innern;
  • das Verbot und die Auflösung aller neofaschistischen Parteien und Organisationen;
  • das Verbot der Diskriminierung von Migranten und Asylsuchenden.

Die EU bedeutet Militarisierung und Kriegseinsätze!

Die EU trägt unter dem Vorwand von Demokratie, Freiheit und Menschenrechte, getarnt als „humanitäre Hilfe“, Kriege in alle Welt. Erklärtes Ziel ist der Aufbau eines Militärapparates, der in engster Kooperation, gegebenenfalls auch unabhängig von der NATO in allen Teilen der Welt einsatzfähig ist. Krisensituationen werden durch die imperialistischen Hauptmächte durch Konkurrenzsituationen zur Beherrschung von strategischen Gebieten, von Rohstoff- und Energiequellen selbst geschaffen und als Vorwand für militärisches Eingreifen genommen. Der Lissabonvertrag beinhaltet die Verpflichtung zur dauerhaften Aufrüstung für alle Mitgliedsstaaten der EU und ermöglicht die Aufstellung eines EU-Rüstungshaushaltes.

Der Vertrag ermächtigt den EU-Rat (ohne EU-Parlament) zudem – unter dem Deckmantel des sogenannten Antiterrorkampfes – zu weltweiten Militärinterventionen, auch ohne UN-Mandat.

Demgegenüber kämpft die KPD für

  • den sofortigen Stopp aller Auslandseinsätze der Bundeswehr und Abzug aller Bundeswehrsoldaten aus dem Ausland;
  • den Stopp der Rüstungsproduktion und Umwandlung in sinnvolle zivile Produktion;
  • die Umverteilung des Rüstungsetats zu Gunsten der Bereiche Bildung und Soziales;
  • die Abschaffung der EU-Eingreiftruppe;
  • den Austritt Deutschlands aus der EU und der NATO;
  • die Einhaltung internationaler Abrüstungsverträge und Verträge über die Ächtung bestimmter Waffen.

Für eine Volksabstimmung über den Lissabonvertrag!

Für ein NEIN zur EU-Mitgliedschaft Deutschlands!

Die KPD tritt aus all diesen Gründen nicht zur EU-Wahl mit eigenen Kandidaten an. Wir rufen alle Sympathisanten der KPD und Bürger auf, nur kommunistischen und anderen Kandidaten die Stimme zu geben, die den Forderungen dieses Wahlprogramms zustimmen.

Quelle: “Die Rote Fahne” Februar/2009

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