Zeitarbeit und Leiharbeit

Arbeitsmarkt und EU-Menschenhandel ab 1. Mai 2011 – fürs Kapital

Leiharbeit  als  strategisches Instrument zur Etablierung einer Billiglohnlinie

Nach einer Umfrage der IG Metall nutzen mehr als zwei Drittel der Unternehmen Leiharbeit. Die Zahl der Betriebe, die ganz auf Leiharbeit verzichten, sank auf 32%. Im September 2010 waren dies noch 34%. In 83% der Betriebe besteht ein zusätzlicher Bedarf an Beschäftigten. Nur etwa 20% der Betriebe stellt zusätzliche Mitarbeiter in ‘normale’ Arbeitsverhältnisse ein.

“Trotz Aufschwung setzen die Arbeitgeber [?] voll auf Leiharbeit und prekäre Beschäftigung. Das ist ein arbeitsmarktpolitischer Irrweg mit weit reichenden und gefährlichen Konsequenzen”, sagte Berthold Huber, Vorsitzender der IG Metall und ‘Sozialpartner’ der privaten Eigentümer und Aktionäre der Metallindustrie. Und: Es gehe um den ‘Wert der Arbeit’ und die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Deutschland. Arbeit sei der wertvollste Rohstoff, den Deutschland besitze. “Wir verfügen über wenige Seltene Erden, dafür aber über besonders gut qualifizierte Fachkräfte. Die aktuelle Dumping-Strategie der Arbeitgeber [?] und das Nichtstun der Regierungsparteien drohen diesen jahrzehntelang entwickelten Vorteil ins Gegenteil zu verkehren”, kritisierte der Vorsitzende. SPD-DGB-Huber: Die Ordnung müsse wieder hergestellt werden. Die Ordnung dürfe nicht vollständig zerbrechen, so Huber.  

Der hohe Anteil an prekären Arbeitsverhältnissen bleibe auf konstant hohem Niveau, kritisierte Detlef Wetzel, Zweiter Vorsitzender der IG Metall. “Nichts hat sich geändert. Im Gegenteil. Die Arbeitgeber [?] richten sich mit Leiharbeit und Befristung ein.” (Wetzel) Leiharbeit werde zunehmend als strategisches Instrument zur Etablierung einer neuen Billiglohnlinie eingesetzt.  Zudem nehmen Werkverträge drastisch zu. In rund 40% der Betriebe werden Werk- und Dienstverträge als Flexibilisierungsinstrument eingesetzt. “Neben der Leiharbeit infiziert eine neue Krankheit den Arbeitsmarkt. Auch dies geht vor allem zu Lasten der Stammbelegschaften”, sagte Wetzel.

In einer repräsentativen Umfrage, im Auftrag der IG Metall, sprach sich die überwiegende Mehrheit der Befragten für eine gesetzliche Gleichstellung von Leiharbeitern aus. 80% der Befragten halten eine gesetzliche Gleichstellung für “erforderlich” oder “dringend erforderlich”. [1]

Frauen und Männer in Leiharbeit erhalten oft 30 bis 50% weniger Entgelt als Stammbeschäftigte – bei gleichwertiger Arbeit. Zusätzlich fallen auch andere Lohnbestandteile, wie Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie Zuschläge, vielfach niedriger aus als für die Stammbelegschaft. LeiharbeiterInnen erhalten vielfach so einen geringen Arbeitslohn, dass sie zusätzlich ergänzende Hartz–IV-Leistungen in Anspruch nehmen müssen. Sie leben in ständiger Sorge um ihre soziale Existenz und können kaum über die nächsten Monate hinaus planen. Laut der Statistik der Bundesarbeitsagentur (BA) dauern rund 50% der Leiharbeitsverhältnisse nicht länger als drei Monate. Zur Zeit ist mit 923.000 LeiharbeiterInnen ein neuer Höchststand erreicht. [2]

Das Prinzip “gleicher Lohn für gleiche Arbeit” und kein Mindestlohn unter 12 Euro  müsste in Deutschland durchgesetzt werden! Nur so könnte der Eintritt der vollen so genannten EU- “Arbeitnehmerfreizügigkeit” ab 1. Mai 2011 ohne fortgesetzten Lohndumping verhindert bzw. gemindert werden. [3] + [4]   

Quellen: [1] IG Metall, Pressemitteilung Nr. 07/2011, 16.02.2011.
“Trotz Aufschwung setzen Arbeitgeber [?] voll auf Leiharbeit und prekäre Beschäftigung”
http://www.igmetall.de/cps/rde/xchg/internet/style.xsl/6763-7009.htm
[2] Vgl.: DGB, Klartext Nr. o1/2011, 6. Januar 2011.
[3] Lohnverzicht reduziert Altersrente:
http://www.debatte.info/index.php?id=872
[4] Siehe bei LabourNet.de Germany:
Lohndifferenz – “mit” und “ohne” Tarifvertrag!
http://www.labournet.de/diskussion/arbeit/realpolitik/kombilohn/niedrtarif.pdf

Merke: Ohne Lohnkampf gibt es keine Verbesserung der sozialen Existenzgrundlagen.

16.02.2011, Reinhold Schramm

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